Wednesday, July 27, 2005

Viele Wirte, aber wenig Profit

"Ein größeres Lokal in guter Lage, ein junger Wirt mit innovativen Ideen und ein Gastgarten - das ist laut einer aktuellen Studie das Rezept für einen erfolgreichen Gastronomiebetrieb", schreibt der heutige Standard unter Berufung auf die Wiener Wirtschaftskammer.
Im Juni 2005 wurden Fragebögen an etwa 6.500 Mitgliedsbetriebe versandt, mehr als zehn Prozent kamen ausgefüllt zurück.
Insgesamt wird darin der Gastrobranche eine positive Entwicklung bescheinigt: Die Anzahl der Betriebe stieg von 8257 im Jahr 2000 auf derzeit 8866, was einen Zuwachs von 7,3 Prozent bedeutet. Auch die Beschäftigtenzahlen sind - entgegen den Trends in anderen Branchen - gestiegen: Im Jahr 2000 wurden in der Wiener Gastronomie (inkl. Kaffeehäuser) 25.536 MitarbeiterInnen gezählt, im Vorjahr waren es 28.526. Aktuell sind 29.585 Personen in dieser Branche beschäftigt. Ein Vergleich: Die gesamte Wiener Tourismus- und Freizeitwirtschaft zählt zurzeit 56.439 Beschäftigte, der Anteil der in Gastronomie- und Kaffeehausbetrieben Beschäftigten macht demnach beachtliche 52,4 Prozent aus. Äußerst positiv entwickelten sich auch die Lehrlingszahlen von 656 (2000) und 727 (2004) auf aktuell 833 Lehrlinge.
Daraus wachsende Umsätze oder Gewinne abzuleiten, wäre aber falsch, erklärt ein Insider dem Standard, denn die Anzahl der Teilzeitbeschäftigten, die wenig zum Umsatz beitragen, sei in den letzten Jahren rasant gestiegen. Seiner Einschätzung nach sei die Lage der Wiener Gastronomie "bescheiden, aber nicht hoffnungslos". Die größere Zahl an Betrieben verschärfe die Konkurrenz, neue kostenintensive Freizeitangebote (Handy, Internet) und höhere Preise ließen den Kunden weniger Geld zum Konsumieren.
Nach den genauen Umsätzen oder Gewinnen wurde in der Studie nicht gefragt. "Über Gewinne wird nicht gern gesprochen", weiß Studienautor und Gastronom Stefan M. Gergely. Die 664 Befragten gaben nur an, ob sich ihr Umsatz positiv oder negativ entwickelt. Daraus ergaben sich folgende Erfolgsfaktoren:
  • Lokale mit mehr als 80 Plätzen haben eine weit überdurchschnittliche Umsatzentwicklung, eine noch bessere gibt es in Betrieben mit mehr als 120 Plätzen.
  • Betriebe in der Innenstadt oder mit guter Verkehrsanbindung schneiden besser ab als solche außerhalb des Gürtels - im Bereich der Stadtbahnbögen hat sich beispielsweise eine lebhafte Szene entwickelt, von der auch viele neue Lokale im Umkreis des Äußeren Gürtels profitieren.
  • Wer sich durch ein gutes Konzept auszeichnet, kann trotz beschränkten Platzangebots erfolgreich wirtschaften - weil er eine Nische besetzt hat.
  • Als das Erfolgs"geheimnis" schlechthin erwies sich einmal mehr der Schanigarten.
  • Zudem haben jüngere Betriebe einen Vorteil - in jeder Hinsicht: Unternehmen, die nicht länger als zehn Jahre bestehen und deren Chefs jünger als 40 sind, punkten gegenüber alteingesessen Wirten.

Fest steht: Die Konkurrenz schläft nicht und der Lebensmittelhandel drängt mit preisgünstigen Menüs in den Gastrobereich. Da professionelle und gut durchdachte Konzepte Ausschlag gebend für Erfolg seien, bietet die Wirtschaftskammer kostenlose und geförderte Beratung zur Betriebs-und Marktanalyse, Kontakt über Wolfgang Dorner.