Sunday, March 27, 2005

Gibt's noch gutes Service? In New York immer weniger...

Meine aktuellen Bier-Recherchen haben mich in einige der Bier-Bars von Manhattan gebracht - und mir ist aufgefallen, dass die früher so hoch gelobte Service-Kultur in den USA ihren Ruf nicht mehr wert ist. Man weiß ja, dass die Kellner hier davon leben, dass sie mindestens 15 Prozent Trinkgeld bekommen.
Aber das ist für viele offenbar derartig selbstverständlich geworden, dass sie sich noch weniger um den Gast kümmern als bei uns in Europa selbstverständlich ist. Beispiel West Side Brewing Company auf der Amsterdam Avenue - dort bekam ich am 24. März zwar eine gute Bierempfehlung und ein sehr gutes Imperial Stout, als es aber ans Zahlen ging, musste ich volle 14 Minuten warten, ehe ich mein Geld loswerden durfte. Am selben Abend bin ich noch zu Typhoon auf der 54rd Street gegangen - ähnlich dürftiges Ergebnis: Zwar versicherte mir der Kellner, dass das hopfenbetonte Pale Ale auch sein Favorit wäre, aber als ich ausgetrunken hatte, war wieder mal keiner da. Drei Personen hinter der Bar, vielleicht ein Dutzend Gäste vor derselben und noch acht in einem hinteren Club-Bereich - aber Service gleich null: Ich hockte an der Bar vor meinem leeren Glas, hatte den Deckel schon draufgelegt und eine Zehndollarnote sichtbar in der Hand, aber hier dauerte es fast 20 Minuten, bis ein Kellner (der mehrfach geschäftig vorbeigelaufen war) erkannte, dass mein Glas leer war und fragte: "Want another one?" Er wirkte ziemlich enttäuscht, dass ich lieber nach dem Check fragte - immerhin sechs Dollar für ein relativ kleines Bier...
Mein Freund Bill Covaleski von Victory Brewing hat mich darauf hingewiesen, dass Service in den USA generell schlechter geworden ist. Und trotzdem geben wir den armen Servierkräften im Zweifelsfall lieber mehr als weniger Trinkgeld, weil das schließlich ihr Gehalt ist.
Übrigens gibt es natürlich Bars, die sehr empfehlenswert sind: Im d.b.a. war ich am Samstagabend, mit der aktuellen Ausgabe der New York Times unter dem Arm. Kourtney Keller stand hinter der Bar, eine 29-jährige, unglaublich freundliche Kellnerin. Sie sprach mich sofort auf meine Lektüre an, öffnete das Wochenendmagazin für mich und zeigte mir stolz die Seite, auf der sie portraitiert war: http://www.nytimes.com/2005/03/27/magazine/27FOOD.html?
Zufall, dass ich gerade an jenem Samstag in die Bar kam, an dem sie zum Medienstar geworden ist? Vielleicht (ich hatte die Sonntagsausgabe gerade erst gekauft). Aber Kourtney verdient jedes Wort des Lobes, das Matt und Ted Lee in der NYT über sie geschrieben haben: "Keller had been a blur that night to keep pace with demand. She moved with great efficiency but also a few mannered, swooping flourishes, like Isadora Duncan if she had tended bar." Und es gab nicht nur tolles Service, sondern auch tolles Bier - ich wählte wieder einmal das Imperial Stout (in diesem Fall das Avery Czar's Imperial Stout aus Boulder, Colorado) und war begeistert. So sehr, dass ich Kourtney auch im Marke-ICH-Weblog erwähnt habe.

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